Ordensschwester statt Polizistin

von Rupprecht Andreas

Ein Leben ganz ohne eigene Familie, in Armut und Gehorsam?! Ein Leben, das man ganz auf Gott ausrichtet? Auch heute noch entscheiden sich junge Männer und Frauen dafür, in einen Orden einzutreten. T. Stadler ist so eine junge Frau, die sich für ein Leben in solch einer Gemeinschaft entschieden hat. Sie verzichtet damit auf so einiges, was für viele Menschen doch ganz selbstverständlich erscheint. Am 12.04.2018 besuchte sie die Klasse 10e im Rahmen des Religionsunterrichtes und erzählte von ihrem spannenden Weg in einen Orden.

Frau Stadler ist gerade „Interessentin“ – sie steht damit noch am Beginn einer ungefähr zehn Jahre dauernden Ausbildung, an deren Ende nach einer Zeit als Kandidatin, Postulantin, Novizin und schließlich als Schwester in der zeitlichen Profess die ewige Profess steht. Erst dann gilt die Bindung an den Orden bis zum Tod.

So erklärte Frau Stadler zunächst, was einen Orden auszeichnet. Überrascht waren doch einige Schüler, dass nicht alle Ordensgemeinschaften in klassischen Klöstern leben und dass es gegenwärtig sogar noch rund 18 000 Frauen und 4 500 Männer in Deutschland gibt, die einem Orden angehören. Einige Schüler fanden es außerdem erstaunlich, dass ein „Auswahlverfahren“ beim Ordenseintritt durchlaufen werden muss. So soll die Frage geklärt werden, ob man überhaupt zu einer Gemeinschaft passt. Jeder Orden hat nämlich sein bestimmtes Charisma – also Ziele und Überzeugungen, für die die Gemeinschaft lebt.

Frau Stadler wünscht sich ein Leben in der Kongregation der Schwestern vom Heiligen Kreuz – ein Orden, der die Botschaft der Auferstehung lebt: Schwierigkeiten, Leid und Tod sind nicht das Letzte,
sondern Jesus Christus, der die Welt durch sein Leben, Sterben und Auferstehen erlöst hat. Aus diesem Glauben stellen sie sich Herausforderungen wie Ungerechtigkeit, Ausgrenzung oder Armut. Betroffenen Menschen möchten die Ordensfrauen wieder Hoffnung schenken. So kümmerte sich der Orden schon immer um die Bildung von Mädchen und jungen Frauen, ist in der Kranken- und Altenpflege tätig oder hilft Menschen in Not auf der ganzen Welt.

Anhand des Wappens der Schwestern vom Heiligen Kreuz ging die Interessentin auf diese Überzeugungen und Ziele des Ordens, auf die Herkunft und Geschichte sowie auf das Wirken des Ordens auf der ganzen Welt ein. Demnach gehören rund 1 600 Schwestern auf vier Kontinenten dem Orden an, die alle ein Leben in Armut, Gehorsam und Ehelosigkeit geschworen haben.

Auch wenn die Schüler bereits zwischen dem Expertenvortrag immer wieder die Chance nutzten, interessierte Fragen zu stellen, stand Frau Stadler anschließend weiteren Fragen Rede und Antwort. Auf die Frage, warum sie sich ein Leben als Ordensschwester so gut vorstellen kann, begann sie von ihrer eigenen Realschulzeit zu erzählen. Seit der siebten Klasse war es ihr großer Traum, einmal als Polizistin zu arbeiten. Nachdem sie wegen einer Sehschwäche nicht zum Einstellungstest zugelassen wurde, überbrückte sie die Zeit bis zum nächsten möglichen Einstellungstermin mit der Fachoberschule. Dort reifte dann durch eine überraschende und prägende Begegnung die Idee, eine Ausbildung zur Gemeindereferentin zu beginnen. Nachdem dann immer mehr ihr Interesse gewachsen ist, kam schließlich der Wunsch auf, ihre Überzeugung gemeinsam mit Gleichgesinnten in der Gemeinschaft der Schwestern vom Heiligen Kreuz zu leben.

„Gibt es unter Ordensschwestern auch einmal Streit?“ „Darf man überhaupt noch eigene Entscheidungen treffen?“ „Warum trägt man als Schwester ein Ordensgewand?“ All diese und viele weitere – auch persönliche – Fragen wurden bereitwillig (und mitunter auch humorvoll) beantwortet. Da kam es geradezu ungelegen, dass die Doppelstunde plötzlich vom Gongschlag beendet wurde. Die Zehntklässler haben es sich aber nicht nehmen lassen, noch ein Abschiedsfoto mit ihrem Gast zu machen. Beeindruckt von dem Interesse und der Begeisterung, die Frau Stadler ausstrahlt, verabschiedeten sich die Zehntklässler. Wir bedanken uns herzlich für ihren Besuch und wünschen Frau Stadler alles Gute auf ihrem Weg in den Orden.

 

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